Private Krankenvollversicherung

In Deutschland gibt es ein duales Krankenversicherungssystem. Neben der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) existiert die private Krankenversicherung (PKV) als zweites System. Je nach Konstellation ist privater Krankenversicherungsschutz anstelle oder ergänzend zur GKV möglich.
Die PKV wird von privaten Versicherern angeboten. Hierbei ist zwischen der Privaten Krankenvollversicherung und der Privaten Krankenzusatzversicherung zu unterscheiden.

Ca. 8,8 Mio. Bundesbürger besitzen eine private Krankenvollversicherung, rund 26 Mio. haben private Krankenzusatzversicherungen.

In der Krankenvollversicherung wird ein vollständiger Krankenversicherungsschutz geboten. Krankenzusatzversicherungen ergänzen hingegen die Leistungen der GKV und schließen Leistungslücken, indem sie entweder Leistungen der GKV aufstocken oder Leistungen bieten, für die die GKV nicht eintritt.

Detailliertere Informationen zur Krankenzusatzversicherung finden Sie hier:[weiterlesen]

In Deutschland besteht grundsätzlich Krankenversicherungspflicht. Selbständige, Freiberufler, Beamte und Angestellte, die sich nicht für eine freiwillige Mitgliedschaft in der GKV entschieden haben, benötigen daher eine private Krankenvollversicherung. Studenten können am Beginn ihres Studiums zwischen GKV und PKV wählen, sind dann aber für die Dauer des Studiums an ihre Entscheidung gebunden

Bei Beamten besteht die Besonderheit, dass sie in der PKV nur einen anteiligen Versicherungsschutz benötigen, da ihr Dienstherr über die Beihilfe einen erheblichen Teil der Krankheitskosten trägt. Dafür bieten die Versicherer spezielle Beamtentarife, die wegen des anteiligen Versicherungsschutzes besonders niedrige Beiträge vorsehen. Dadurch ist die PKV für Beamte sehr attraktiv. In einigen Bundesländern gibt es für gewisse Beamtengruppen auch die Möglichkeit einer freien Heilfürsorge.

Anders sieht die Lage bei Arbeitnehmern aus. Solange das Arbeitseinkommen nicht die sogenannte Beitragsbemessungsgrenze (BBG) überschreitet, ist grundsätzlich der gesetzliche Krankenversicherungsschutz zwingend. erst bei einem Verdienst jenseits der Beitragsbemessungsgrenze ist eine Befreiung von der gesetzlichen Versicherungspflicht und eine Entscheidung für die PKV möglich. Sie stellt eine Option für besserverdienende Arbeitnehmer dar. Die BBG wird jedes Jahr neu festgelegt und orientiert sich an der allgemeinen Einkommensentwicklung.

Eine Familienversicherung wie in der GKV existiert in der PKV nicht. das heißt: jedes Familienmitglied benötigt einen extra Versicherungsschutz, welcher auch Beiträge kostet. Anders als in der GKV ist in der PKV auch kein Kontrahierungszwang gegeben. Versicherer können Anträge auf Versicherungsschutz ablehnen, Leistungen ausschließen oder Risikozuschläge erheben. Eine Gesundheitsprüfung und Wartezeiten sind bei neuen Versicherungsverhältnissen üblich.

Wer sich einmal für eine private Krankenvollversicherung entschieden hat, kann nur bei bestimmten Konstellationen in die GKV zurückkehren. Bei Angestellten ist dies z.B. bei Unterschreiten der Beitragsbemessungsgrenze der Fall. Hier tritt wieder Versicherungspflicht in der GKV ein. Jenseits der 55 ist eine Rückkehr kaum noch möglich.

Die Leistungen der privaten Krankenvollversicherung liegen grundsätzlich über dem Leistungsniveau der GKV, hängen aber auch von dem jeweils gewählten Tarif ab.

Zu den „Standard-Tarifen“ (Mindestschutz auf Leistungsniveau der GKV) können nach dem Baukastenprinzip noch zusätzliche Tarife mit umfassenderen Leistungen hinzugenommen werden. Mehr Leistungen bedeuten automatisch auch höhere Beiträge.

Im Unterschied zu den gesetzlichen Krankenkassen rechnen die privaten Krankenversicherer nicht direkt mit den Leistungserbringern ab. der Versicherungsnehmer muss in der Regel in Vorleistung treten und erhält die Kosten von seiner Versicherung gegen Nachweis erstattet.
Beitragskalkulation

Anders als in der GKV orientieren sich die Beiträge in der PKV nicht am Einkommen der Versicherten, sondern am versicherten Risiko. Tarife werden nach dem sogenannten Äquivalenzprinzip kalkuliert. Das bedeutet, dass die zu erwartenden Einnahmen die voraussichtlichen Ausgaben (inkl. Gewinnbeitrag) abdecken. Dabei werden individuelle Risikofaktoren bei Vertragsabschluss wie Eintrittsalter, Vorerkrankungen und Gesundheitsverhalten berücksichtigt. Die Beitragshöhe wird neben diesen individuellen Faktoren von den versicherten Leistungen und ggf. von einem vereinbarten Selbstbehalt bestimmt.

Während der Vertragsdauer sind aufgrund der veränderten Kalkulationsgrundlagen Beitragsanpassungen erforderlich. Zumeist steigen die Beiträge wegen der tendenziell steigenden Gesundheitsausgaben. Der Beitragsanpassungsmechanismus ist gesetzlich reguliert. Die Anpassungen erfolgen oft sprunghaft, weil erst bei Überschreiten bestimmter Veränderungsschwellen eine Neukalkulation vorgenommen werden darf bzw. muss. Trotzdem sind die Beiträge in der PKV in den letzten zehn Jahren (2009 – 2019) im Schnitt weniger stark gestiegen als in der GKV.

Viele Krankenversicherer zahlen ihren Versicherten Beitragsrückerstattungen, wenn sie Leistungen über längere Zeit nicht oder nur in geringem Umfang in Anspruch nehmen.
Altersrückstellungen

Normalerweise müssten die Versicherungsbeiträge mit zunehmendem Alter steigen, weil das Krankheitsrisiko zunimmt. Um überproportionale altersbedingte Beitragsbelastungen zu vermeiden, werden in der PKV Alterungsrückstellungen gebildet. Zu diesem Zweck wird seit dem Jahr 2000 von den Versicherten ein 10%iger Beitragszuschlag erhoben. Er ist bis zum 60. Lebensjahr zu zahlen und wird ab 65 beitragsstabilisierend eingesetzt. Dadurch bleiben die Beiträge auch im Rentenalter bezahlbar.
Private Pflegeversicherung

Wie in der GKV ist auch in der PKV eine Pflegeversicherung notwendig. Wer über eine private Krankenvollversicherung verfügt, braucht auch eine private Pflegepflichtversicherung (PPV). In der Regel sind Krankenversicherer und Pflegepflichtversicherer fast immer identisch, es besteht aber auch die Möglichkeit die PPV über einen anderen Anbieter abzuschließen als die PKV.